Das Bett im Mittelalter

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Holzbetten, Polsterbetten, Boxspringbetten oder Wasserbetten: Die Auswahl an modernen Betten ist groß. Doch es gab auch andere Zeiten. Die Geschichte des Bettes ist so vielfältig wie faszinierend. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich sowohl die Designs der Schlafzimmer als auch die Schlafgewohnheiten stark verändert. In diesem Beitrag verraten wir dir, wie die Menschen im Mittelalter schliefen und warum die damaligen Betten so kurz und kompakt gebaut waren, dass sich heutzutage vermutlich niemand mehr darin wohlfühlen würde.

Über die etwas anderen Schlafgewohnheiten im Mittelalter

Kleines Gedankenspiel: Stell dir vor, du müsstest dein Bett mit deiner gesamten Familie und dazu vielleicht noch deinem Arbeitgeber und ein paar Mitarbeitern teilen. Oder was hältst du davon: Du legst dich nicht mehr ausgestreckt hin, sondern schläfst in aufrechter Haltung, halb sitzend, aber immerhin allein. Klingt beides nicht allzu einladend, nicht wahr? Vor einigen Jahrhunderten war das für die meisten Menschen aber völlig normal.

Das Bett im Mittelalter – so legten sich die Mägde und Knechte schlafen

Im Mittelalter – wir sprechen hier vom Zeitraum zwischen dem 6. und 15. Jahrhundert – besaß das gemeine Volk in der Regel überhaupt keine Betten. Bauern und Arbeiter, aber auch die meisten Ritter, schliefen auf Fellen und Stroh – umgeben von Schmutz, Ungeziefer, Rauch und Kälte. Auf diesen mehr als notdürftigen Lagern lagen ganze Familien beisammen, häufig einschließlich ihrer Diener und Mägde, so sie denn welche hatten.

Einfaches Bett aus Holz mit etwas Stroh
© ondrejschaumann – stock.adobe.com

Etwas mehr Komfort für die besser Gestellten

Wenn wir die Geschichte des Bettes bis in die Antike zurückverfolgen, stellen wir fest, dass es damals schon einfache Betten gab: Diese bestanden aus Holz oder Metall und wiesen bespannte Riemen auf, die als eine Art Lattenrost fungierten. Die damaligen Matratzen waren im Prinzip nichts anderes als mit Wolle gefüllte Säcke aus Naturmaterial. Darauf legte man ein Kissen und mehrere Decken aus Wolle oder Tierfellen.

Der Traum der heiligen Ursula (Vittore Carpaccio, 1495)

Nach diesem Grundschema waren auch die ersten Schlafstätten der besser gestellten Gesellschaftsmitglieder im Mittelalter konzipiert. Sie hatten jedoch ein seltsam anmutendes Merkmal: Die Bettgestelle waren klein, das heißt kurz. Aber warum eigentlich?

Warum schlief man im Mittelalter in so kleinen Betten?

Lange Zeit ging man davon aus, dass der Grund für die kleinen Betten im Mittelalter die geringe Körpergröße der Menschen jener Epoche war. Dies trifft allerdings nur zur Hälfte zu: Zwar ist es korrekt, dass die meisten Erwachsenen nicht besonders groß gewachsen waren, doch als Ursache für die recht kurzen Bettgestelle kristallisierte sich im weiteren Verlauf der Forschung etwas gänzlich anderes heraus. Vergiss im Übrigen auch die Gerüchte, die besagen, dass sich die Menschen keine voluminöseren Schlafstätten hätten leisten können oder nicht genügend Platz vorhanden gewesen wäre.

Mittelalterliches Bett, Österreich
By Thomas Quine – Medieval Austrian bed with straw mattress, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51816532

Was tatsächlich stimmt: Die Menschen schliefen in einer halb aufrechten Sitzposition. Am Kopfteil des Bettes platzierten sie einige Kissen, an denen sie sich anlehnten, um sich in dieser Haltung dem Schlaf hinzugeben. Sie waren also sozusagen Rückenschläfer im Mittelalter-Stil.

Warum wollten sich die Menschen zum Schlafen nicht ausstrecken?

Nun, zur damaligen Zeit litten einige an Lungenkrankheiten. Kein Wunder: Der ständige Rauch, der von den verschiedenen Feuerstellen zum Kochen, Heizen und Arbeiten ausging, sowie der stetige Einfluss von Staub, Zugluft und Kälte belasteten die Atemorgane massiv. Um besser und leichter atmen zu können, widmeten sich die Menschen selbst dem Schlaf lieber im Sitzen als im Liegen. Viele entwickelten eine regelrechte Angst davor, ausgestreckt zu schlafen – sie fürchteten, am Morgen nicht mehr aufzuwachen. Daran angelehnt entstand auch der Aberglaube, dem Tod entgehen zu können, indem man im Sitzen schlief.

Die ländliche Bevölkerung hielt sogar bis ins 19. Jahrhundert hinein daran fest, sitzend zu nächtigen. Diese für uns kaum vorstellbaren Schlafgewohnheiten änderten sich erst wieder mit der zunehmenden Industrialisierung, als die Räume durch die optimierten Koch- und Heizmöglichkeiten weitestgehend rauchfrei wurden. Dann gingen die Menschen dazu über, im Liegen zu schlafen, wie sie es vor der Zeit des Mittelalters eigentlich auch schon taten. Die Bettgestelle gewannen in der Folge logischerweise an Länge.

Das Brautbett Ludwigs von Württemberg (1585), Renaissance. Schloss Urach, Tübingen - Bett im Mittelalter
Von Rainer Halama – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=21591639

Als das Himmelbett noch rein praktischen Nutzen hatte

Heute gilt das Himmelbett als besonders romantisch. Im Mittelalter erfüllte diese Art der Schlafstätte jedoch einen rein praktischen Nutzen. Die Bretterdecken der damaligen Häuser waren oftmals nicht dicht, sodass es leicht passieren konnte, dass es von oben plötzlich Ungeziefer regnete. Wir wollen dir keine Albträume bescheren, deshalb führen wir die Dinge nicht weiter aus. Der springende Punkt ist, dass der „Himmel“ des Himmelbettes einen soliden Schutz vor den ungebetenen Gästen bot. Und die Vorhänge an den Seiten boten einen weiteren überzeugenden Vorteil: Sie wehrten die Zugluft und Kälte ein Stück weit ab, was den Komfort erhöhte. Wer es sich leisten konnte, gönnte sich somit diesen „Luxus“ für seinen kostbaren Schlaf.

Himmelbett in Eglon van der Neers Gemälde Die Gemahlin von Kadaules entdeckt den sich verbergenden Gyges, 1660–1662

Apropos Luxus: Die Himmelbetten präsentierten sich bald schon sehr aufwendig und kunstvoll gestaltet. Häufig besaßen sie ein ledernes Unterbett, das mit allerhand Federn gestopft und mit edlem Seidenstoff bezogen war. Analog zu einem modernen Topper oder Überwurf legte man darauf eine gesteppte Decke. Ein Betttuch aus Leinen diente als Laken. Mit Daunen gefüllte Ohrenkissen sowie eine pelzgefütterte, wiederum mit Seide bezogene Zudecke rundeten das für mittelalterliche Verhältnisse noble Schlafgemach ab.

Schlafrhythmus im Mittelalter und heute – ein Unterschied wie Tag und Nacht

Neben den Schlafstätten und der Schlafposition hatte auch der Schlafrhythmus im Mittelalter wenig mit dem zu tun, was wir heute kennen und mehrheitlich praktizieren. Damals legten beziehungsweise setzten sich die Menschen oftmals schon mit Einbruch der Dämmerung ins Bett. Das erscheint uns natürlich außerordentlich früh, insbesondere während der Wintermonate. Allerdings schlief man normalerweise nicht die gesamte Nacht bis zum nächsten Morgen hindurch. Üblich war es vielmehr, nach ein paar Stunden noch einmal zu wachen und bestimmten Tätigkeiten nachzugehen, um daraufhin erneut die Schlafstätte aufzusuchen.

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Ein kurzer Schlussgedanke zum Bett im Mittelalter

Früher war alles besser? Von wegen! Wenn wir uns die Schlafgewohnheiten im Mittelalter vor Augen führen, dann können wir doch wirklich mehr als froh sein, im 21. Jahrhundert zu leben und die Nächte in einem eigenen Komfortbett mit einem hochwertigen Lattenrost und einer stützenden, punktelastischen Matratze liegend zu verbringen.