Polyphasischer Schlaf

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Jeden Tag lediglich zwei statt acht Stunden schlafen und trotzdem mehr Energie und Ausdauer als nach einer ausgiebigen Nachtruhe besitzen  was auf den ersten Blick nach einer übermenschlichen Leistung aussieht, soll polyphasischer Schlaf nahezu jedem gesunden Menschen ermöglichen. Diese Behauptung stellen zumindest die Anhänger dieser neuen Theorie auf und verweisen auf einen ausschlaggebenden Vorteil: Wer das Konzept über zehn Jahre umsetzt, gewinnt in diesem Zeitraum – gegenüber monophasischen Schläfern, die durchschnittlich neun Stunden im Bett verbringen – 1680 Stunden, in denen er sich aktiv und bewusst betätigen kann. Doch was verbirgt sich hinter dem Konzept und funktioniert es tatsächlich im Alltag?

Die Theorie: Polyphasisches Schlafmuster als natürliches Verhalten

In der Tat gibt es konkrete Vorbilder: Polyphasischer Schlaf ist bei vielen Säugetieren verbreitet und auch Babys und Kleinkinder verteilen ihr Ruhebedürfnis auf mehrere Abschnitte im Laufe des Tages. Die Anhänger der neuen Schlaftheorie argumentieren nicht selten mit Verweis auf diese beiden Beispiele, dass der Mensch grundsätzlich keine lange, durchgehende Nachtruhe benötigt. Sie sehen sich durch die Tatsache bestätigt, dass ein Schlafyzklus aus mehreren eindeutig unterscheidbaren Phasen besteht, die insgesamt etwa 60 Minuten bis 90 Minuten benötigen und sich während der Nacht regelmäßig wiederholen. Das Ziel bestehe darin, diese Wiederholung zu vermeiden und stattdessen einen optimierten und einmaligen Zyklus in regelmäßigen Abständen zu verwenden. Dieses Vorgehen wirke effizienter und versorge Körper und Geist dabei in kürzeren Abständen vollständig mit neuer Energie und Kraft.

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Als entscheidendes Kriterium für die Schlafqualität gilt hier praktisch ausschließlich die für das Hirn wichtige REM-Phase, die ein Mensch in einer Nacht rund fünf- bis sechsmal durchläuft. Polyphasisches Schlafen ermöglicht einen direkten Wechsel in diese Etappe und reduziert deren Anzahl auf jeweils das einmalige Eintreten in einer Schlafeinheit von 20 Minuten. Auf diese Weise soll es innerhalb von sechs getrennten Intervallen Erholung bewirken, die sich einem konventionellen, mehrstündigen Zyklus als identisch oder gar effizienter erweist.

Die Anwendung: Uberman, Dymaxion und Everyman

Polyphasischer Schlaf lässt sich durch unterschiedliche Schlafmuster erreichen  am weitesten ist wahrscheinlich die biphasische Variante verbreitet, der Anhänger der Theorie die in Südeuropa und speziell in Spanien verbreitete Verteilung aus einem verkürzten Nachtschlaf und einer „Siesta“ am Nachmittag zuordnen. Für jeden Interessierten leicht durchführbar soll hingegen „Everyman“ („Jedermann“) sein. Erfahrene Everymans und disziplinierte Einsteiger können hingegen mit „Uberman“ oder „Dymaxion“ ihre durchschnittliche Ruhezeit von circa sechs bis auf zwei Stunden reduzieren.

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Biphasisches Schlafmuster: Statt einer kontinuierlichen Ruhe verteilt sich das Schlafen auf zwei Phasen. Häufige Variationen sind viereinhalb oder sechs Stunden Hauptruhe und 90 beziehungsweise 20 Minuten Powernap am späten Mittag.

Everyman: Diese Methode soll für „Jedermann“ geeignet sein und besteht aus einem dreistündigen Hauptschlaf und drei gleichmäßig verteilten Schlafeinheiten von 20 Minuten über den Tag hinweg. Üblicherweise liegt der Hauptschlaf zwischen dem frühen Abend und dem späten Morgen, die zeitlichen Abstände zwischen den weiteren Zeiten müssen identisch sein.

Dymaxion: Dieser Name geht auf einen Kunstbegriff des Philosophen Richard Buckminster Fuller zurück, mit dem er verschiedene seiner Entwicklungen bezeichnete. Sein polyphasisches Schlafmuster besteht aus vier Einheiten zu 30 Minuten alle sechs Stunden und wurde laut eigenen Aufzeichnungen von ihm mehr als zwei Jahre angewendet.

Uberman: Bei Uberman  einer Ableitung von „Übermensch“  schläft ein Mensch sechs Mal am Tag genau 20 Minuten. Es gilt als das polyphasische Schlafmuster mit der höchsten Herausforderung, aber auch Effizienz.

Polyphasischer Schlaf in der Praxis: Probleme und Bedingungen

Eine große Hürde bei der Umstellung des Schlafs von mono- auf polyphasisch ist die hohe Disziplin, die bei der Eingewöhnung des Körpers auf den neuen Rhythmus unverzichtbar ist. Diese Phase soll zwischen zehn Tagen und drei Wochen andauern und zu den üblichen Begleiterscheinungen zählen extreme Müdigkeit, Konzentrations- und Leistungsschwäche und in häufigen Fällen Stimmungsschwankungen. Mit der Zeit lassen die unangenehmen Auswirkungen des erzwungenen, anfänglichen Schlafentzugs rasch nach und der Körper gewöhnt sich an die neue Situation. Spätere Umstellungen von einem Modell auf das andere fallen leichter, weshalb viele Anhänger einen schrittweisen Umstieg auf Everyman und später auf Uberman empfehlen, um die kurzfristigen Auswirkungen zu minimieren.

Es ist extrem wichtig, dass der Anwender die Ruhezeiten exakt einhält und diese weder verschiebt noch in ihrer Dauer verändert.

Dafür ist einerseits eine hohe Disziplin notwendig, andererseits schränkt es die zeitliche Flexibilität bei der Tagesgestaltung stark ein. Diese Pünktlichkeit zeigt sich jedoch unverzichtbar, wenn polyphasischer Schlaf seine Aufgabe erfüllen soll. Bereits kleine Variationen führen nach eigener Beobachtung von Praktizierenden zu einem akuten Verlust des Leistungsvermögens und Schlafrhythmus, der sich über einen Zeitraum von mehreren Phasen auswirken kann. Durch die strikte Vorgabe ergeben sich nicht selten Probleme mit dem beruflichen Alltag oder privaten Interessen in der Freizeit, so dass eine vorausschauende Planung vor einer Umstellung unverzichtbar ist. Jede Einnahme von stimulierenden, beruhigenden oder psychotropen Substanzen besitzt unmittelbare negative Auswirkungen auf ein polyphasisches Schlafmuster.

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Der Konsum von Kaffee, Alkohol, zahlreichen Medikamenten und anderen legalen oder illegalen Genussmitteln wirkt sich unvorhergesehen aus und kann die fragile Abstimmung zwischen Schlafbedürfnis und -gewohnheit schnell aus dem Gleichgewicht bringen. Ein fest strukturierter Alltag mit gesunder Ernährung und Lebensweise bedeutet deshalb einen entscheidenden Faktor für eine erfolgreiche Umsetzung. Ähnlich ist der Schlafplatz zu sehen. Zu einer entspannten Atmosphäre gehören außerdem die richtige Matratze und ein guter Lattenrost sowie stimmige, hochwertige Bettwaren.

Forscher und Mediziner zeigen sich skeptisch

In der wissenschaftlichen Diskussion stößt die Idee, den Schlaf polyphasisch zu verteilen, interdisziplinär bei wenigen Ausnahmen auf eine breite Ablehnung. Zum einen kritisieren Ärzte und Wissenschaftler die Reduzierung des Schlafs auf dessen kurze REM-Phasen und wenden ein, dass auch andere Abschnitte wie der Tiefschlaf wichtige Funktionen für die körperliche Leistungsfähigkeit, Erholung und das Immunsystem übernehmen. Zum anderen betonen sie, dass die Abwesenheit von Müdigkeit keinesfalls ein akutes Schlafdefizit ausschließen lässt  mögliche physische Belastungen und andere gesundheitliche Probleme beeinträchtigen deshalb nicht zwangsläufig das temporäre, individuelle Wohlbefinden.

Es existieren keine klinischen oder wissenschaftlich belastbaren Studien, die sich mit den kurz- und langfristigen Auswirkungen und eventuellen Risiken beschäftigen, die ein polyphasisches Schlafmuster hervorruft.

Angesichts der Tatsache, dass das Wissen über den Schlaf in seinen allgemeinen und speziellen Funktionen bis heute große Lücken aufweist und trotz intensiver Forschung viele Mechanismen ungeklärt bleiben, stehen Ärzte diesem in der Regel ablehnend gegenüber und empfehlen ein genaues eigenes Monitoring und die Absprache mit vertrauten Personen, die auf psychische Auffälligkeiten achten.

Nicht für jeden geeignet: Gespaltene Resonanz in Erfahrungsberichten

Wegen ihrer steigenden Popularität und der Verbreitung über Online-Plattformen wie Blogs und sozialen Medien unternehmen zahlreiche Menschen, von Journalisten bis zu interessierten Privatpersonen, den Versuch, ihren Schlaf polyphasisch zu gestalten. Ohne eine detaillierte, statistische Auswertung vorzunehmen, zeigen sich bei einer oberflächlichen Analyse die meisten von ihnen als erfolglos. Spätestens nach einigen Monaten brechen die meisten den Versuch ab und berichten dabei nicht selten über extreme Auswirkungen auf die eigene Psyche und Leistungsfähigkeit, die nach mehr als drei Wochen Eingewöhnung nicht verschwinden.

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Angesichts des Umstandes, dass das individuelle Schlafbedürfnis stark zwischen einzelnen Menschen variiert und allein dadurch zwischen vier und zwölf Stunden schwanken kann, überrascht dies nicht. Polyphasischer Schlaf ist zweifellos für bestimmte Personen mit entsprechender Eignung in ihrer Genetik und Lebenssituation eine Option, aber selbst in der Variante Everyman trotz ihrer Bezeichnung nicht für jedermann empfehlenswert.

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Nicht zuletzt bleibt eine gewisse Unsicherheit  disziplinierte Menschen, wie sie dieses Schlafmuster ohnehin voraussetzt, bleiben bei einem kontinuierlichen Defizit bis zu 50 Prozent leistungsfähig. Symptome von langfristigen Folgeschäden  sei es bei der Skelettmuskulatur oder durch unzureichende Erholung des Immunsystems  treten erst in einem späten Stadium auf, die mögliche Gefahr sollte jedoch in keinem Fall unterschätzt werden.