Der Herrendiener

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Der Lauf der Zeit zieht auch an Schlafzimmermöbeln und -einrichtungen nicht spurlos vorbei. Manche Änderungen der letzten Jahrhunderte sind dem technischen Fortschritt geschuldet – wohl kaum jemand möchte seine LED-Leuchte gegen eine der aus 1001 Nacht bekannten Öllämpchen austauschen, so stilvoll und klassisch diese auch aussehen mögen. Andere sind eher dem Zeitgeist geschuldet – wie der traditionelle Herrendiener im Schlafzimmer, der in der Moderne als veraltet und überflüssig galt und fast vollständig verschwand. Zu Unrecht, wie sich mittlerweile erweist – ein stummer Diener aus Holz ist auch in der Neuzeit ein universelles und praktisches Möbelstück, das eine Garderobe nur teilweise ersetzen kann. Glücklicherweise feiert der Kleiderbutler oder Herrendiener seit ungefähr 20 Jahren eine langsame, aber stete Renaissance und Wiederauferstehung.

Mehr als eine leere Phrase: Ein stummer Diener

Der Name „Stummer Diener“ wirkt für viele auf den ersten Blick etwas befremdlich, hat jedoch einen ebenso konkreten wie praktischen Hintergrund. Das Schlafzimmermöbel und seine weiteren Bezeichnungen entstanden in der späten Renaissance, im 19. Jahrhundert stieg es zu großer Popularität auf – zu einer Zeit, als es in adeligen und bürgerlichen Kreisen weithin üblich war, sich von Hausangestellten beim Ankleiden helfen zu lassen. Wer sich dies nicht leisten konnte oder – sehr selten – aufgrund einer progressiven Weltsicht dies als erniedrigende Behandlung seiner Angestellten ablehnte oder – deutlich häufiger – seinen Bediensteten schlicht misstraute, behalf sich mit einem Kleiderbutler oder Herrendiener.

Dessen Aufgabe war im Wesentlichen mit der eines echten Dieners identisch – er nimmt die Kleidung entgegen, bewahrt sie schonend auf und stellt sie nach der Nacht für das Anziehen zur Verfügung. Den Höhepunkt seiner Verbreitung erreichte der Herrendiener im Schlafzimmer während des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, als in weiten Teilen der Gesellschaft immer noch relativ strenge Kleiderregeln galten, aber das Beschäftigen eines echten, menschlichen Butlers oder Dieners nach und nach eine seltene Ausnahme darstellte.

Diener trägt Tablett mit Schuhen und Krawatte darauf
© Lau-Design – stock.adobe.com

Ein nützliches Schlafzimmermöbel gerät in Vergessenheit

Die Mitte des 20. Jahrhunderts war eine Zeit der politischen Umbrüche, schneller technologischen Entwicklung und gesellschaftlicher Neuanfänge – auch in der Mode und der Möbelgestaltung kam es zu einem teilweise radikalen Schnitt mit der Vergangenheit. Eines der Opfer dieser Entwicklungen war der Herrendiener, der innerhalb von nur etwa drei Jahrzehnten in seinem Ansehen von einem hilfreichen Schlafzimmermöbel zu einem veralteten Objekt einer vergangenen Epoche sank. Gehörte ein stummer Diener aus Holz noch in den 50er Jahren zu dem Standardsortiment in einem gut ausgestatteten Schlafzimmer, verschwand er innerhalb einer halben Generation fast vollständig auf dem Sperrmüll oder wurde – mit etwas Glück – auf den Dachboden oder in den Keller verbannt.

Erst seit der Jahrtausendwende ist wieder ein gestiegenes Interesse an dem Herrendiener zu beobachten. Bevorzugt werden dabei klassische Formen und Vorlagen, zu denen sich allerdings auch neue Interpretationen mit geschwungenen Haltestangen und einem asymmetrischen Aufbau gesellen. Ein Kennzeichen für die wiedererlangte Popularität ist die wachsende Verbreitung im öffentlichen Raum – besonders in US-amerikanischen Hotels der oberen Preislagen gehören stumme Diener immer häufiger fest zur Ausstattung, während er in europäischen Häusern bislang noch vergleichsweise selten im Schlafzimmer anzutreffen ist.

                            Bubema Hedi Herrendiener massives Buchenholz - Natur                       Bubema Hedi Herrendiener massives Buchenholz , weiß lackiert

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bezeichnungen

In einigen Fällen bezeichnen die Hersteller einen Herrendiener als Anzughalter oder mitunter sogar Kleiderständer – allerdings ist dies bei einer exakten Betrachtung nicht vollständig korrekt. Die Besonderheit besteht unter anderem in seiner Form und seiner Aufgabe. Ein Kleiderbutler soll nicht einzig als Aufbewahrungsort dienen, sondern in der Tat auch – eben wie ein Butler oder Diener – das Ankleiden erleichtern und beschleunigen. Zu diesem Zweck besitzt er eine entsprechende Form, die eine saubere Trennung zwischen den unterschiedlichen Kleidungsstücken zulässt und jedem einen speziellen Platz zuweist. Von diesem können sie genommen und sofort angezogen werden.

Bubema Hedi Herrendiener massives Buchenholz, Nußbaum, gebeizt

Diese funktionale Komponente besitzen in der Regel weder Kleiderständer noch Anzughalter, die sich lediglich auf die Aufbewahrung beschränken. Sie sind dadurch in ihrer Form sehr viel freier und reichen von einer senkrechten oder waagerechten Garderobe bis zu besonderen Kleiderbügeln. Als Oberbegriff schließt „Kleiderständer“ darüber hinaus noch weitere Möbelstücke mit ein, so etwa die klassische Hutablage oder der – außerhalb von einigen öffentlichen Räumen – leider nur noch selten gebräuchliche Schirmständer.

Kleiderständer mit Hutablage
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Eine Besonderheit ist der Begriff „Stummer Diener“, der bereits vor dem Entstehen des Kleiderbutlers in Gebrauch war und später auf diesen übertragen wurden. Er bezeichnete bereits seit Jahrhunderten ein Möbelstück, das dazu diente, seinem Besitzer oder einer anderen Person wie ein Diener oder Sklave etwas zu halten oder zu reichen. Dabei war es in frühen Zeiten nicht unüblich, dass ein Stummer Diener tatsächlich eine menschliche Erscheinung hatte – zum Beispiel in Form einer Statue mit ausgestreckten Armen. Eines der ältesten und berühmtesten Exemplare dieser Kategorie ist der Xantener Knabe, der auf das 1. Jahrhundert vor Christus datiert wurde und auf seinen Unterarmen ein Tablett trug, um Gästen bei einem Festmahl Getränke und Speisen anzubieten.

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Herrendiener für das Schlafzimmer: Aufbau und spezielle Merkmale

Ein Herrendiener für das Schlafzimmer besteht aus einem Gestell, das mindestens zwei waagerechte Haltestangen für das Ablegen von Hosen und weiterer Bekleidung sowie einer – meist abgerundeten, bügelähnlichen – Halterung für das Aufhängen von Jacke, Mantel oder Jackett besteht. Zusätzlich bieten einige Modelle schmale Bretter, auf denen kleine Gegenstände oder Kleidungsstücke wie Unterwäsche und Socken abgelegt statt aufgehängt werden können. In der klassischen Variante besitzt er eine stabile Basis aus einer Grundplatte oder zwei an beiden Enden mit einer Leiste verbundenen Querstangen und ist relativ schwer.

Heute hat sich die Form jedoch teilweise stark gewandelt, so dass Herrendiener in den verschiedensten Ausführungen angeboten werden. Besonders beliebt sind klappbare Varianten, die sich ähnlich einem Wäscheständer für die Aufbewahrung kompakt zusammenfalten und für den Gebrauch aufstellen lassen. Darüber hinaus bieten unterschiedliche Hersteller zahllose Modelle in speziellen Designs an, die beispielsweise drei bis vier Beine verwenden oder zusätzliche Fächer und bei größeren Varianten sogar eine Sitzfläche aufweisen. Meistens besteht ein stummer Diener aus Holz, es haben sich jedoch auch weitere Materialien wie Kunststoff oder Metall etabliert.

Aufgaben und Vorteile des Stummen Dieners

Die primäre Aufgabe eines Herrendieners im Schlafzimmer ist es, die Kleidung für den kommenden Tag griffbereit und gut sortiert bereitzustellen, so dass am nächsten Morgen ein schnelles und komfortables Anziehen ohne Suchen möglich ist. Darüber hinaus ergibt sich durch seine Konstruktion ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil: Da die Wäsche ohne Zusammenlegen und Knicke gelagert wird, bleibt sie vollständig faltenfrei und hält sich nach dem Bügeln auch über die Nacht in einem garantiert einwandfreien Zustand. Oberbekleidung kann deshalb nach einem Tag einfach ausgezogen, aufgehängt und am nächsten Tag erneut verwendet werden, ohne sie zwischendurch neu bügeln zu müssen.

Herrendiener mit Kleidung
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Durch die kleine Oberfläche, mit der die Kleidung aufliegt, ist eine Verschmutzung durch den Kleiderbutler nahezu ausgeschlossen. Auch rein optisch bietet der Herrendiener eindeutige Vorteile – durch ihn wirkt das Schlafzimmer angenehm aufgeräumt, ohne dass die Kleidung zusammengelegt und weggeräumt werden muss. Es ist wohl nicht zuletzt seinen zahlreichen Vorteilen zu verdanken, dass sich ein Stummer Diener langsam wieder zu einem beliebten und gebräuchlichen Schlafzimmermöbel entwickelt. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Trend weiter durchsetzen kann.